ICH BIN DANN MAL WEG.

Man muss nicht Hape Kerkeling heißen und sich auf den Jakobsweg begeben, um sagen zu können: ich bin dann mal weg. Auch GmbH-Geschäftsführer und GmbH-Geschäftsführerinnen, die nicht auf Pilgerreise gehen,sondern sich um ihre Sprösslinge oder pflegebedürftige Eltern kümmern wollen, können sich jetzt eine Auszeit nehmen.

 

Das FüPoG II ist da!

Das Gesetz zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im Öffentlichen Dienst – griffiger „FüPoG II“ – ist am 12.08.2021 in Kraft getreten. Es gibt GmbH-Geschäftsführern und vor allem Geschäftsführerinnen das Recht auf eine Auszeit. Für bis zu 12 Monate können sie eine Mandatspause einlegen.

Was macht eine leitende Angestellte, die schwanger wird oder in Elternzeit gehen möchte? Einfache Antwort: Sie geht in Mutterschutz und beantragt anschließend Elternzeit. Während der Dauer von Mutterschutz und Elternzeit ruht ihr Arbeitsverhältnis. Der Arbeitgeber bezahlt Mutterschaftsgeld, anschließend gibt es Elterngeld und danach kehrt man in das Arbeitsverhältnis zurück. Nicht so einfach ist die Situation bei GmbH-Geschäftsführerinnen, denn sie haben keinen Arbeitsvertrag, sondern einen Dienstvertrag. Hierauf ist das BEEG nicht anwendbar, denn es gilt nur für Arbeitnehmerinnen. Außerdem sind Geschäftsführerinnen Organ der Gesellschaft.

 

Die Krux mit dem Trennungsprinzip

Das Anstellungsverhältnis eines Geschäftsführers mit seiner GmbH, also der Dienstvertrag, ist nur die eine Seite der (rechtlichen) Medaille. Auf der anderen Seite sind Geschäftsführer Organ der Gesellschaft. Die Organstellung basiert auf dem GmbH-Gesetz und hat mit dem Anstellungsvertrag nichts zu tun. Wird der Dienstvertrag eines Geschäftsführers gekündigt oder aufgehoben, so endet zwar das Anstellungsverhältnis, nicht aber die Organstellung. Hierfür bedarf es der gesonderten Abberufung oder Niederlegung. Umgekehrt lässt die – gesellschaftsrechtliche – Abberufung als Geschäftsführer das – schuldrechtliche – Anstellungsverhältnis unberührt. So strikt sieht das der Bundesgerichtshof. Man nennt es Trennungsprinzip.

Für Geschäftsführerinnen, die schwanger werden oder sich nach der Geburt um ihr Kind kümmern wollen, macht das die Sache schwieriger. Sie können sich nicht auf das BEEG berufen und Elternzeit beantragen, sondern müssen mit der Gesellschaft aushandeln, ob und für wie lange sie eine Unterbrechung des Dienstvertrages akzeptiert. Selbst wenn man hierzu eine einvernehmliche Lösung findet, bleibt die Organstellung davon unberührt. Die Geschäftsführerin haftet auch während des ausverhandelten Ruhens des Dienstvertrages als Geschäftsführerin nach § 43 Abs. 2 GmbHG. Diese gesetzliche Organhaftung ist äußerst streng und kann jungen Geschäftsführerinnen-Müttern manchen Tropfen Angstschweiß auf die Stirn treiben, sofern Sie sich ihrer fortbestehenden Haftung überhaupt bewusst sind.

 

Die Neuregelung des FüPoG II

Diese missliche Situation will der Gesetzgeber durch das FüPoG II entschärfen und jungen Geschäftsführerinnen eine entspanntere Elternzeit verschaffen. Hierzu wurde mit Wirkung vom 12. August 2021 ein Rechtsanspruch auf Mandatspause eingeführt. Das Recht auf „Auszeit“ von Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern geht auf die Stay-on-board-Initiative zurück, die sich dafür eingesetzt hatte, den rechtlichen Rahmen für GmbH-Geschäftsführerinnen in besonderen Lebenslagen wie Mutterschutz und Elternzeit zu verbessern. Dies soll dadurch erreicht werden, dass Geschäftsführerinnen die Möglichkeit zum vorübergehenden Widerruf der Bestellung zum Organ der Gesellschaft bekommen. Bisher konnten Geschäftsführerinnen den Haftungsgefahren aus der Organhaftung gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG nur durch Niederlegung ihres Amtes entgehen – ohne zu wissen, ob sie nach der familiären Auszeit wieder bestellt werden. Ein Recht auf Wiederbestellung gab es nicht. Das hat sich durch das FüPoG II geändert. In das GmbH-Gesetz wurde ein neuer Abs. 3 eingefügt:

(3) Der Geschäftsführer hat das Recht, um den Widerruf seiner Bestellung zu ersuchen, wenn er wegen Mutterschutz, Elternzeit, der Pflege eines Familienangehörigen oder Krankheit seinen mit der Bestellung verbundenen Pflichten vorübergehend nicht nachkommen kann und mindestens ein weiterer Geschäftsführer bestellt ist. Macht ein Geschäftsführer von diesem Recht Gebrauch, muss die Bestellung dieses Geschäftsführers

        1. widerrufen und dabei die Wiederbestellung nach Ablauf des Zeitraums der in § 3 Absatz 1 und 2 des Mutterschutzgesetzes genannten Schutzfristen zugesichert werden,
        1. in den Fällen der Elternzeit, der Pflege eines Familienangehörigen oder der Krankheit widerrufen und dabei die Wiederbestellung nach einem Zeitraum von bis zu drei Monaten entsprechend dem Verlangen des Geschäftsführers zugesichert werden; von dem Widerruf der Bestellung kann abgesehen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.

In den in Satz 2 Nummer 2 genannten Fällen kann die Bestellung des Geschäftsführers auf dessen Verlangen für einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten widerrufen werden.

 

Wer kann eine Mandatspause beanspruchen?

Der erste flüchtige Blick auf die neue Bestimmung des § 38 Abs. 3 GmbHG wirft Fragen auf: Wer hat denn nun das Recht, wegen Mutterschutz, Elternzeit, Pflege eines Angehörigen oder Krankheit eine Mandatspause zu beanspruchen? Antwort: „Der Geschäftsführer“. Meint das der Gesetzgeber wirklich so oder tut er sich nur mit dem Gendern schwer? In der Tat wäre es unsinnig, wenn man schwangeren Geschäftsführerinnen und jungen Müttern, die ein Geschäftsführeramt bekleiden, die Phase der Geburt und Betreuung des Kleinkindes rechtlich erleichtern wollte, das Recht auf die Mandatspause aber nur männlichen Geschäftsführern zugestehen würde. § 38 Abs. 3 GmbHG verwendet also das generische Maskulinum, will heißen, Geschäftsführer im Sinne des Gesetzes sind auch Geschäftsführerinnen. Bemerkenswert bleibt, dass der persönliche Anwendungsbereich anderer Gesetze wie des AGG ausdrücklich für „Geschäftsführer oder Geschäftsführerinnen“ eröffnet wird, die Regelung, mit der man gerade die rechtliche Situation von Frauen im Geschäftsführeramt stärken möchte, in der der Diktion des generischen Maskulinums verbleibt.

 

Wofür kann eine Mandatspause beantragt werden?

Geschäftsführer, die ihren mit der Bestellung verbundenen Pflichten vorübergehend nicht nachkommen können, haben ein Recht auf Mandatspause, wenn die Vakanz aus einem der folgenden Gründe eintritt:

  • Mutterschutz
  • Elternzeit
  • Pflege eines Familienangehörigen
  • Krankheit

Voraussetzung ist jedoch in allen Fällen, dass mindestens ein weiterer Geschäftsführer bestellt ist. „Ich bin dann mal weg“ ist für Einzel-Geschäftsführer also nicht vorgesehen.

 

Für wie lange kann die Auszeit beantragt werden?

Der Gesetzgeber unterscheidet hinsichtlich des Anspruchs auf den Widerruf mit einem abgestuften System zwischen dem Mutterschutz und den anderen Gründen für eine Auszeit. Es gibt folgende Stufen:

  1. Für Geschäftsführerinnen im Mutterschutz gilt: Sie können verlangen, dass ihre Bestellung zum Geschäftsführer widerrufen und die Wiederbestellung nach Ablauf der Mutterschutzfrist (acht Wochen nach der Entbindung) zugesichert wird. Im Mutterschutz besteht der höchste gesetzliche Schutz. Ein Widerruf kann hier z.B. nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass eine Vielzahl wichtiger Entscheidungen ansteht.
  2. Bei Mandatspausen für Elternzeit, Pflege eines Angehörigen oder eigene Krankheit kann vom Geschäftsführer die Wiederbestellung nach einem Zeitraum von bis zu drei Monaten verlangt werden. Hier hat die Gesellschaft die Möglichkeit, den Widerruf der Bestellung abzulehnen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (z.B. wenn im Aufgabenbereich des Geschäftsführers eine Vielzahl wichtiger Entscheidungen ansteht). Es soll verhindert werden, dass Geschäftsführer das neue Gesetz zur „Flucht in die Mandatspause“ missbrauchen.
  3. In der dritten Stufe können Geschäftsführer auch verlangen, für einen Zeitraum von mehr als drei und bis zu 12 Monaten vom Geschäftsführeramt entbunden zu werden. Hier liegt die Entscheidung der Gesellschaft, ob sie zustimmt, jedoch vollständig in ihrem Ermessen. Die Gesellschaft kann dem Wunsch des Geschäftsführers nachkommen, muss es aber nicht.

 

Offene Fragen

Die neuen Regelungen über das Recht auf Mandatspause für GmbH-Geschäftsführer sind gut gemeint. Ob sie auch gut gemacht sind, wird sich erst zeigen, wenn die Gerichte sich ihrer angenommen haben. Unklarheiten bleiben, da das Verhältnis zwischen Organstellung und Anstellungsvertrag des Geschäftsführers in der Vorschrift mit keinem Wort angesprochen wird.

  • Wer ist der richtige Adressat für das Widerrufs verlangen?
  • Müssen Geschäftsführer eine Ankündigungsfrist beachten?
  • Muss die gewünschte Dauer der Mandatspause schon beim Verlangen genannt werden?
  • Wann liegt ein wichtiger Grund für die Weigerung der Gesellschaft vor?
  • Was wird während der Mandatspause aus dem Gehaltsanspruch?
  • Wie kann ein Geschäftsführer die Mandatspause gegen die unberechtigte Weigerung der Gesellschaft durchsetzen?

Es bleiben also Fragen über Fragen.

 

Taktischer Einsatz der Mandatspause

Trotz vieler ungeklärter Fragen eröffnet das neue Gesetz GmbH-Geschäftsführern aber auch neue Spielräume. Insbesondere in haftungsträchtigen Situationen kann mit etwas Geschick und Weitsicht bedrohlichen Regressansprüchen durch eine Mandatspause die Grundlage genommen werden, nämlich die gesellschaftsrechtliche Verantwortung nach § 43 Abs. 2 GmbHG, die immer eine bestehende Organstellung voraussetzt.

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